„Ich muss diesen Auftrag unbedingt bekommen, sonst habe ich nächsten Monat kaum etwas zu tun und in meinem Auftragsbuch herrscht gähnende Leere.“
Welchen Existenzgründer – gerade in der Anfangsphase – treibt nicht manchmal das Bedürfnis an, unbedingt den Auftrag zu bekommen und damit den Fuß in die Tür zu bekommen? Profit hin oder her. Häufig versuchen Einkäufer bei einem Erstauftrag aus ganz besonders preisgünstigen Konditionen Kapital zu schlagen und stellen lukrativere Folgeaufträge in der Zukunft in Aussicht.
Fragen Sie sich doch selbst: Würden Sie für eine Dienstleistung oder ein Produkt, das Sie heute für 1.000 EUR kaufen können, morgen 1.200 EUR bezahlen? Ganz sicher nicht. Warum sollte also ein Auftraggeber zukünftig mehr für Ihr Produkt bezahlen als er heute dazu bereit ist?
Meiner Schätzung nach sind es weniger als 15% aller Dienstleister, die später ihre Preise wieder in dem Maß erhöhen können, dass sie ihr ursprünglich angestrebtes Honorar/Preisniveau erreichen.
Und noch ein Aspekt ist wichtig. Wie gerne arbeiten Sie, wenn Sie sich ständig vor Augen führen müssen, dass Sie zu wenig an Ihrer Arbeit verdienen?
Ein frischgebackener Gründer – IT Experte – hat sich mangels Verhandlungsgeschick und besserem Wissen für sechs Monate an ein Unternehmen gebunden und leistet hervorragende Arbeit zu einem lächerlichen Stundenpreis. Was ist seine Zeit wert? Wenn er für einen Hungerlohn arbeitet, dann offensichtlich nicht viel. Jetzt, nach drei Monaten würde er am liebsten aussteigen, denn er steht jeden Morgen früh auf und muss der Tatsache ins Auge blicken, dass er für ein Dumping-Honorar arbeitet. Wer also in eine Preis- oder Honorarverhandlung geht mit dem Ziel, partout den Auftrag zu erhalten, kann sich gleich einen Zettel an die Stirn kleben mit der Aufschrift: „Ich bin verzweifelt. Diktieren Sie Ihre Bedingungen.“
Damit es nicht soweit kommt, müssen Sie erkennen, welche Überlegungen in die Sackgasse führen. Es sind folgende „Selbstzerstörungs-Argumente“:
- Ich bin ja noch ganz unbekannt und ein Newbee in der Branche.
- Zuerst muss ich einmal beweisen, dass ich etwas kann.
- Es wäre schon fantastisch, für dieses große Unternehmen zu arbeiten. Allein einen Auftrag von so einem Unternehmen zu bekommen, ist ja schon ein Erfolg. Momentan darf Profit nicht die erste Rolle spielen.
- Und wenn ich den Auftrag nicht bekomme, nur weil ich zu teuer bin?
- Mein potentieller Kunde wird sicher ein so preisgünstiges Angebot zu schätzen wissen und mich beauftragen.
Diese Gedanken lähmen, machen unsicher und verleiten dazu, billig anzubieten und damit Respekt und Glaubwürdigkeit zu verlieren. Das ist doch gar nicht notwendig!
Wie ist es also möglich, auch als frischgebackener Existenzgründer Honorare und Preise souverän so zu verhandeln, dass beide Seiten profitieren?
- Erarbeiten Sie sich eine innere Unabhängigkeit.
Dr. Martin Carmann[1] gibt hierzu unter anderem folgende Empfehlungen:
a) Geben Sie jeden Tag Ihr Bestes.
b) Achten Sie darauf, dass Ihre Tätigkeit stets einen erkennbaren Mehrwert für Ihre Auftraggeber darstellt.
c) Betreiben Sie aktives Job-Enrichment. Achten Sie darauf, dass Sie Ihre Tätigkeiten stets um neue, interessante Aspekte bereichern.
d) Legen Sie so viel Geld auf die Seite, dass Sie ein bis zwei Jahre lang leben können.
- Seien Sie sich bewusst, dass Sie immer die Wahl haben, ja oder nein zu einem Auftrag zu sagen.
Hier kommen wertvolle, ganz konkrete Verhandlungstipps für Ihre Honorarverhandlung. Sie basieren auf der GRASP Verhandlungsmethode von Dr. Melanie Billings-Yun, eine der weltbesten Verhandlerinnen seit zwanzig Jahren.
- Bauen Sie ein solides Verhandlungsfundament. Dieses besteht aus vier Säulen:
a) Etablieren Sie eine persönliche Beziehung zu Ihrem Gesprächspartner.
b) Setzen Sie auf Gesamtergebnisse, nicht auf einzelne Vertragsklauseln.
c) Arbeiten Sie an Lösungen und kämpfen Sie nicht für einen Sieg.
d) Alle Ihre Argumente müssen fair sein. Dabei entscheiden nicht Sie, sondern Ihr Gesprächspartner, ob die Argumente für ihn fair und nachvollziehbar sind.
- Verhandeln Sie entsprechend der GRASP Methode in fünf klar strukturierten Schritten
Goals – Verschaffen Sie sich Klarheit über Ihre Ziele und die der anderen Seite.
Routes – Zeigen Sie Wege auf, wie Ihre und die Ziele der anderen Seite erreicht werden können.
Arguments – Mit nachvollziehbaren Argumenten untermauern Sie jede vorgeschlagene Option.
Substitutes – Haben Sie immer einen Plan B im Gepäck.
Persuasion – Überzeugen Sie Ihren Gesprächspartner und gewinnen Sie ihn für sich.
Vor einiger Zeit hat mich eine große deutsche Interessensvertretung als Trainerin/ Referentin angefragt. Im Gespräch stellte sich heraus, dass das Honorar für diesen Trainereinsatz unterhalb meins Mindestziels war. Mein S (ubstitutes) – also meine zweitbeste Lösung für die Verhandlung mit der Interessensvertretung war: lieber arbeite ich kreativ an neuen Ideen und gewinne zusätzlich noch Zeit für mein Hobby, als weniger als xxx EUR zu verdienen.
Sie sehen schon, ein Plan B gibt in Verhandlungen Freiheit und Unabhängigkeit.
Und Klarheit: Ich weiß, dass viele Existenzgründer in so einer Situation häufig hin und her gerissen sind, ob sie den Auftrag ablehnen sollen oder nicht, gerade wenn es ein neuer Kunde ist. Wer jedoch einen guten Plan B in der Tasche hat, der weiß ganz klar, wann der richtige Zeitpunkt für ein JA oder ein NEIN gekommen ist.
Wenn Sie …
- vor einer herausfordernden Verhandlung stehen
- nicht ganz sicher sind, ob Ihre Vorgehensweise erfolgreich sein wird
- keine unnötigen Zugeständnisse mehr machen wollen
UND….
- wenn Ihnen TOP Coaching etwas wert ist,
dann rufen Sie mich einfach an. Gemeinsam entwickeln wir für Sie eine optimale und wirksame Strategie, mit der Sie im richtigen Moment Ihre Asse einsetzen und langfristig profitable Ergebnisse erzielen.
Literaturempfehlung
Beyond Dealmaking – five steps to negotiate profitable relationships von Dr. Melanie Billings-Yun, Wiley Verlag, 2010, ISBN 978-0-470-47190-6
Um Geld verhandeln – so bekommen Sie, was Sie verdienen von Claudia Kimich, Verlag C.H. Beck, ISBN 978-3-406-60839-1